XV. Internationaler Türkischer Germanistik Kongress "Sprache und Literatur im Wandel der Digitalisierung", Edirne, Türkiye, 30 Eylül - 02 Ekim 2021, ss.11
Im 21. Jahrhundert stehen Medien, insbesondere soziale Medien und deren Einfluss auf Kinder und Jugendliche zunehmend im Zentrum des gesellschaftlichen Lebens. Sozialen Medien wird (eo ipso) eine wichtige Funktion in der individuellen Meinungsbildung wie auch gesellschaftlichen Rollenvergabe zugesprochen. Im Rahmen des vorliegenden Vortrags sollen auf Grundlage des theoretischen Ansatzes der Medialisierung denn auch die gesellschaftlichen Veränderungen und der soziale Wandel vor dem Hintergrund der medialen Omnipräsenz dargestellt werden. Dabei wird der Versuch unternommen, einen (sozial)medialen Korpus der jüdisch-europäischen Erinnerungskultur zu erstellen. Das angedachte Korpus setzt sich zum einen aus ausgewählten Videoaufzeichnungen der Holocaustüberlebenden und einigen Dokumentationen der ARD und ZDF-Mediathek, zum anderen aus Auszügen aus dem digitalen Denkmal der Opfer des Nationalsozialismus, dem Arolsen Archiv mit rund 30 Millionen Dokumenten, zusammen. Die vorgestellten Korpora sind ferner als eine Form der bezeugten Berichterstattung zu verstehen, die ein Gedenken an den Holocaust und die Gräueltaten auch in Zukunft wachhalten sollen. Neben den (deutsch-)jüdischen Studien, der deutsch-jüdischen Literatur und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik, lassen sich medialen Aufzeichnungen in Form von Video- oder Audiomaterial eine große Bedeutung zuweisen. In der Hoffnung, dass sich Geschichte nicht wiederholt, übernehmen mediale Korpora in diesem Sinne eine wichtige Funktion in der Aufrechterhaltung der Erinnerung an die Gräueltaten des NS-Regimes und dem Verbleib im kollektiven Gedächtnis. Durch den zielgerichteten Einsatz der öffentlich zugänglichen Digitalisate in Bildungseinrichtungen können Kinder und Jugendliche zu einer unmittelbaren Auseinandersetzung mit der Thematik motiviert werden. Darüber hinaus können mediale Korpora in Form bezeugter Berichterstattung ein aktives Engagement im Akt des Erinnerns anregen und die Sensibilität im Hinblick auf etwaige zukünftige Verbrechen fördern.
Das Ziel des Beitrags besteht folglich darin, die Entstehung, Erstellung und Funktion eines möglichen (sozial)medialen Korpus‘ der jüdisch-europäischen Erinnerungskultur zu skizzieren. Darüber hinaus werden informative Diskursmöglichkeiten und weitere Anregungen für die Implementierung einer digitalisierten Erinnerungskultur in Schulen und anderen Bildungsinstitutionen gegeben.